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Ökodörfer im Krieg

Ökodörfer im Krieg

Permakulturgemeinschaften in der Ukraine helfen den Vertriebenen in ihrem Land und zeigen, welch wichtige Rolle sie in einer Welt voller Gewalt spielen können.

Sie sitzen im Kriegsgebiet, ich sitze in meiner Idylle auf Mallorca an meinem Schreibtisch. Wir reden miteinander und sehen uns, als säßen wir nicht weit voneinander entfernt. Wir haben sogar vieles gemeinsam. Wir kennen uns kaum, aber haben dieselben Bekannten und teilen gleiche Werte der Liebe zur Natur und Ideale für eine Zukunft ohne Krieg.

Maxym ist der Präsident des Ökodorf-Netzwerks Global Ecovillage Network (GEN) in der Ukraine. Iryna ist eine Mitarbeiterin, die besser Englisch spricht als er und ihn bei der Pressearbeit unterstützt.

Wir kennen uns nicht. Eine Freundin gab mir den Kontakt zu Maxym. Ich frage, wie ihr Leben in einem Ökodorf in einem Kriegsland aussieht. Sie geben Permakultur-Kurse. Ich bin überrascht. Iryna sagt, es gebe auch Menschen, die jetzt während des Krieges Geschäfte und Cafés eröffnen. Das Leben geht mitten in der Zerstörung weiter. Die Russen haben eines ihrer Permakultur-Projekte zerschossen, sagt Iryna. Also mussten sie improvisieren und einen neuen Garten für ihren Kurs finden.

Ich fühle mich unbeholfen mit meinen Fragen. Warum Maxym als relativ junger Mann nicht an der Front kämpfen muss, möchte ich wissen. Er ist am Rücken verletzt, sagt er ruhig und geduldig. Ob es stimmt, dass Menschen an die Front gezwungen werden?

Iryna antwortet, dass einige Menschen aus dem Ökodorf-Netzwerk freiwillig an die Front gingen, um das Land und ihre Orte zu verteidigen. Manche starben. Natürlich machten sich viele Menschen Sorgen um ihre Angehörigen, vor allem um ihre Kinder.

Wie muss es sich anfühlen, wenn man befürchten muss, dass die eigenen fast erwachsenen Kinder eingezogen werden und sterben, bevor sie überhaupt eine Chance zum Leben hatten?

Das Gespräch bedrückt mich, obwohl Iryna lächelt und stolz erzählt, was sie alles auf die Beine gestellt haben, seitdem Russland in die Ukraine einmarschierte.

Am Tag nach Kriegsbeginn begannen die Nichtregierungsorganisationen „GEN Ukraine“ und „Permakultur in der Ukraine“ mit der Erstellung einer Karte von Orten, die bereit waren, Menschen aufzunehmen, die kurz- oder langfristig Schutz suchten. Sehr bald schloss sich das Global Ecovillage Network Europe an und half, die Karte auch für europäische Ökodörfer zu erweitern.

Karte des GEN Europe und GEN Ukraine mit Orten, die flüchtende Menschen aufnehmen



Bis Ende Oktober 2022 hatten sie rund 70 Standorte in der Ukraine und 300 in Westeuropa zusammen. In den ukrainischen Standorten brachten sie rund 3.000 Menschen unter. Etwa 600 Flüchtlinge überwinterten in ihren Unterkünften, während in den Gemeinschaften selbst die Anzahl an Mitgliedern gleich blieb. Sie koordinierten Menschen und Standorte, sammelten Geld und leiteten es an die Unterkünfte weiter.

Der Vorteil der Ökodörfer und Permakultur-Zentren besteht darin, dass sie sich in ländlichen Gebieten befinden, die sicherer sind als Städte. Das Netzwerk von GEN Ukraine deckt die gesamte Ukraine ab, was es den Menschen ermöglicht, einen Standort in ihrer Nähe zu finden, sich aber auch in einem Korridor zwischen den Standorten zu bewegen, falls sie sich in Richtung der westlichen Grenze bewegen. So entstand der Name „Green Road“ (auf Deutsch: „Grüne Straße“).

Außerdem arbeiten die Menschen in den Ökodörfern aufgrund des Zusammenhalts, der Lebensmittelversorgung und der Fähigkeit, Lebensmittel anzubauen, recht nachhaltig. Die meisten Ökodörfer verfügten über leer stehende Häuser, die zur Unterbringung von Binnenflüchtlingen genutzt wurden. Die Bewohner dieser Gemeinschaften sind freundlich und in der Lage, den Vertriebenen psychologische Unterstützung zu bieten. In fast allen Gemeinden gibt es Kinder, was den Aufenthalt von Vertriebenen mit Kindern vereinfachte.

Ich dachte immer, im Krieg müssen die Menschen hungern und die Versorgung bricht zusammen. Iryna und Maxym berichten, sie hätten gar keine Schwierigkeiten, die Menschen zu versorgen, weil die Böden in der Ukraine sehr fruchtbar sind.

Allerdings brauchen sie natürlich starke Männer, um die Unterkünfte auszubauen, und für andere harte Arbeiten, die auf den Feldern anstehen.

Ich bin nicht sicher, ob die beiden über Zoom überhaupt offen reden können. Ich frage sie dennoch nach ihrer politischen Einstellung zu ihrer Regierung, zur russischen Regierung und zur NATO. Maxym lächelt verlegen. Sein Englisch ist nicht so gut, sagt er. Also antwortet Iryna. Sie sieht die einzige Rettung der Ukraine darin, dass sie bald zur NATO gehört. Das zu hören fällt mir schwer.

Ich unterbreche die unangenehme Stille und frage sie, was sie sich von Menschen in Deutschland wünschen würden. Sie erklären mir, dass sie zunächst viele Spenden und Hilfen von Partnern und ihren Netzwerken aus anderen Ländern erhielten. Doch mit der Zeit ging das Interesse zurück. Dort, wo der Krieg nicht den Alltag dominiert, wird er nur noch zu einer Nachricht, an die die Menschen sich gewöhnt haben.

Die Kosten für den Ausbau ihrer Unterkünfte, damit sie weitere Vertriebene im eigenen Land aufnehmen können, für die Organisation der Permakultur-Kurse, damit immer mehr Menschen sich selbst versorgen und vernetzen können, bleiben jedoch bestehen. Also könnte eine dauerhafte Hilfe ihr Engagement voranbringen. Derzeit ist ihre Arbeit gefährdet, weil nicht mehr genügend Geld bei ihnen ankommt. Iryna versucht, die Stimmung zu heben, und spricht mit einem zaghaften, aber auch stolzen Lächeln auf den Lippen über alles, was das Netzwerk von GEN Ukraine macht.

Neben Unterbringung von Vertriebenen innerhalb der Ukraine verbessert das Team die Lebensbedingungen der Binnenflüchtlinge. In den ersten Tagen dachten die Menschen nicht an einen langfristigen Verbleib. Alle glaubten, der Krieg würde schnell zu Ende sein. Als klar wurde, dass der Krieg sich hinzog und diese Menschen lange Zeit dort leben mussten und einige von ihnen nirgendwo sonst hin konnten, begannen sie nach Möglichkeiten zu suchen, ihr Leben komfortabler zu gestalten: Wasser ins Haus bringen, Boiler installieren, Bäder und Küchen einrichten, Betten statt Matratzen auf dem Boden bereitstellen, Waschmaschinen und Kühlschränke kaufen.

Außerdem muss das Angebot an Unterkünften erhöht werden. In den meisten Orten stehen noch Häuser leer, die für die Aufnahme von Menschen eingerichtet werden können.

Auch Spielplätze und Spielzimmer richten sie ein, denn vertriebene Kinder und einheimische Kinder brauchen bequeme und sichere Orte, um ihre Zeit zu verbringen. Dies ist besonders wichtig für die psychologische Rehabilitation von Kindern mit Erfahrungen in einem Kampfgebiet.

Die Landwirtschaft entwickeln sie ebenfalls weiter. Ihre Standorte sind in der Lage, für sich selbst auf umweltfreundliche Weise Lebensmittel anzubauen. Sie haben nun die wichtige Aufgabe, nicht nur sich selbst, sondern auch die Menschen, die sie beherbergt haben, mit Nahrungsmitteln zu versorgen, und sogar noch darüber hinaus. Angesichts der Gefahr einer Nahrungsmittelkrise wäre diese Ernährungssicherheit vielleicht nicht mehr gewährleistet. Vor allem jetzt ist es also besonders wichtig, dass die Ökodörfer für eine effiziente Landwirtschaft bessere Ausstattung erhalten: kleine Landmaschinen, Gewächshäuser, Regenwassersammelbecken ...

Der unsichere Zugang zu Brennstoffen und Stromausfälle wiederum machen deutlich, dass alternative Energiequellen für die Selbstversorgung gefunden werden müssen, sodass sie sich auch der Entwicklung von grüner Energie widmen.

Viele Einwohner, gerade Vertriebene, sind ohne Einkommen und ohne die Möglichkeit, ihre berufliche Tätigkeit fortzusetzen. Sie müssen sich neu orientieren und in neue Richtungen investieren. Am vielversprechendsten sind in ihrer Situation die Lebensmittelverarbeitung, Reparaturen und Bautätigkeiten. Also geben sie auch Kurse im Unternehmertum, damit die Menschen sich eine neue Existenz aufbauen können.

Ich höre zu und bin bedrückt … und berührt zugleich.

Auch im Krieg geht das Leben weiter. An manchen Orten sterben Menschen, an anderen Orten in der Nähe kämpfen andere darum, ihr Leben aufrechtzuerhalten und mehr noch, sie versuchen, viele gute Dinge zu tun, anderen zu helfen und nützlich zu sein.

Es ist eine Sache, einen analytischen Text über den Krieg zu lesen, es ist eine andere Sache, mit den Menschen zu sprechen, die jetzt direkt davon betroffen sind und die sagen, dass es auch nicht so einfach ist, dass nur Machtinteressen, sondern auch gewöhnliche Russen an dem Krieg schuld sind. Die Situation vor Ort ist viel komplexer, als dass sie sich mit theoretischen Analysen erklären ließe.

Als wir auflegen, bleibe ich ratlos zurück. Was soll ich jetzt dazu schreiben? Aber irgendetwas muss ich schreiben. Also formuliere ich aus meinen Erinnerungen an unser Gespräch und den Informationen, die ich auf ihrer Internetseite finde, einen Text. Interessierte können Maxym schreiben, seine Kontaktdaten stehen auf der Website.

Obwohl wir keinen Einfluss auf das Kreigsgeschehen haben, können vielleicht einige mit ihrem Geld Menschen wie Maxym und Iryna dabei unterstützen, in Zeiten des Krieges die Werte von Gemeinschaft, Selbstversorgung und gegenseitiger Hilfe zu leben.

Und vielleicht kommt der ein oder andere von uns ins Nachdenken, wie vehement wir „Meinungen“ vertreten und ob nicht gerade unsere unumstößlichen Meinungen erst Konflikte befeuern und am Laufen halten.

Ich weiß es nicht.


Fotos: GEN Ukraine. Weitere und immer wieder aktuelle Eindrücke vermittelt der Instagram-Kanal des Projekts.



Quellen und Anmerkungen:

Weitere Informationen auf der Website der Organisation (Englisch): https://genukraine.com.ua/index.php/en/

Maxym und sein Team sind für jede Unterstützung sehr dankbar! Interessierte können eine Spende direkt an Maxym Zalevskyi (Präsident von GEN Ukraine) tätigen:

PayPal:

zalevskim@gmail.com

Wise

Persönliche Überweisung durch https://wise.com: EUR in UA, 4731185605364501, Zalevskyi Maksym, zalevskim@gmail.com

Anschrift: ZALEVSKYI MAKSYM, 76009, Ukraine, reg. Ivano-Frankivska, c. Ivano-Frankivsk, st. Molodizhna, build. 42, fl. 68

Transfergo

Sie können auch https://www.transfergo.com verwenden.

SWIFT-Zahlung

Es dauert einige Tage, bis sie ankommt, manchmal müssen Sie Ihrer Bank eine Erklärung schreiben:

IBAN: UA073220010000026209304516988
Konto-Nr.: 26209304516988
Empfänger: ZALEVSKYI MAKSYM, 76009, Ukraine, reg. Ivano-Frankivska, c. Ivano-Frankivsk, st. Molodizhna, build. 42, fl. 68
Bank: JSC UNIVERSAL BANK
Stadt: Kiew, Ukraine
BIC: UNJSUAUKXXX

Krypto-Währungen:

Ethereum: 0x37a0332b06721a8467636b75d98872a262837ad9
Bitcoin: Bc1qsauspqs2avx9p4ccschpn9hct47khuj6l9r79p
USDT: 0xAD38B3Ede48262C1ba0725CC567aa0e1c8Bd2687

E-Wallet: Skrill tarasprystavskyj@gmail.com

Wenn Sie einen größeren Betrag auf das offizielle Organisationskonto spenden möchten, kontaktieren Sie die Organisation bitte:
genukraine2018@gmail.com.
+380672521068 Maxym Zalevskyi
+380679678793 Anastasiya Volkova


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